Stufe 1 – Robotic Process Automation (RPA)
„RPA“ ist in den kaufmännischen Abteilungen längst ein gängiger Begriff. Die Automatisierung des Rechnungswesens umfasst in dieser ersten Stufe die selbstständige Erledigung routinemäßiger Aufgaben. Grundlage für die Verarbeitung sind strukturierte Daten. Per Robotic Process Automation übernimmt die Software bestimmte Prozesse und bearbeitet diese automatisch nach den vorgegebenen Regeln.
RPA-Beispiele für die Prozessautomatisierung im Rechnungswesen lassen sich viele finden:
- Das Erstellen von Lastschriften
- Die automatische Verarbeitung von Dauerbelegen, wie Miet- oder Abschreibungsbelegen
- Mahnvorschläge
Stufe 2 – Cognitive Automation
In der zweiten Phase des 4-Stufen-Modells kommt die Software ohne vordefinierte Bearbeitungsregeln aus und lernt Strukturierungs- und Bearbeitungsregeln selbst. Hierbei spricht man von Machine Learning (ML). Solch intelligente und lernfähige Software-Technologie liest archivierte Dokumente oder E-Mails und kann unstrukturierte Datenmengen durch digitales Datentraining kategorisieren. Je mehr Daten die Software per Machine Learning organisiert und bearbeitet, desto schneller und effektiver entwickelt sie sich weiter. So können Unternehmen hier von Lösungen profitieren, die weit über die Fähigkeiten von „simplen“ RPA-Prozessen hinausgehen.
Gescannte Eingangsrechnungen werden durch diese Prozessautomatisierung im Rechnungswesen beispielsweise per OCR-Interpretation ausgewertet. Avise werden interpretiert. In beiden Prozessen schlägt das Programm selbständig Buchungen vor. Cognitive Automation entdeckt Fehler in Buchungssätzen, wie z.B. fehlende Kostenstellen und schlägt korrigierte Buchungen vor.
Stufe 3 – Interaktive Digital Assistants
Mit dieser dritten Stufe beginnt für viele Unternehmen eine Ebene der Automatisierung im Rechnungswesen, die weniger vertraut ist. Dennoch ist sie für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit unabdingbar: Das System assistiert dem Nutzer und wird zum Digital Assistant. Es erlernt selbstständig Anomalien in der Datenlage und informiert darüber proaktiv. Zudem kann Software mithilfe von Natural-Language-Processing (NLP) den Inhalt ausgesprochener Fragen und Anweisungen erkennen. Nutzer und System verbinden sich auf dieser Stufe der Prozessautomatisierung im Rechnungswesen zu einer Einheit.
Ein Digital Assistant ermöglicht es dem Nutzer, sprachlich mit der Software zu kommunizieren. Damit sind Interaktionen wie die folgende denkbar: „Wie viele Offene Posten sind überfällig?“ Das System reagiert mit: „60 Offene Posten sind mehr als 14 Tage überfällig. Soll ich mahnen?“ Der Nutzer antwortet: „Ja.“, das System bestätigt: „OK, ist erledigt.“ Die Software unterstützt bzw. übernimmt umfangreiche Prozesse, während der menschliche Anwender die neu entstandenen Zeitfenstern für andere wichtige Aufgaben nutzen kann.
Stufe 4 – Lernfähige, selbstentscheidende Autonomous Agents
Die vierte und höchste Stufe der Automatisierung im Rechnungswesen betrachten viele Unternehmen noch als entfernte Zukunftsversion. Ohne Zutun des Menschen treffen autonome Systeme Entscheidungen und steuern Prozesse eigenständig. Die Software muss nicht mehr für jede Entscheidung mit dem Nutzer Rücksprache halten, sondern lernt mit Machine Learning Mechanismen ständig dazu und befragt den Nutzer nur, wenn sie aufgrund zu komplexer Datenmengen an ihre Grenzen gerät.
Ein Autonomous Agent mahnt überfällige OPs und berücksichtigt dabei gleichzeitig die Fälle, bei denen der Debitor typischerweise zu spät bzw. außerhalb der Zahlungsfrist bezahlt. Die Software erkennt echte Regelmäßigkeiten und berücksichtigt diese bei ihren Entscheidungen. Ein weitergehendes Beispiel könnte sein, dass die Erkenntnisse aus dem Zahlungsverhalten automatisch in die Preisgestaltung einfließen und die Preise für den erwarteten Cash-Flow, Marge und Ertrag für den jeweiligen Kunden individuell innerhalb eines Entscheidungsrahmens angepasst werden. Letztendlich sind dadurch sogar abteilungsübergreifende Entscheidungen denkbar, da das System Korrelationen in Daten aus verschiedenen Abteilungen berücksichtigt, die ein einzelner Mitarbeitender innerhalb des Prozesses nicht mehr überblicken kann.
Fazit: Die vier Stufen der Automatisierung im Rechnungswesen
Gegenwärtig gehört RPA bei vielen mittelständischen Unternehmen bereits zum Standard. Diese erste Stufe stellt aber nur den Ausgangspunkt für weitere Automatisierungsmöglichkeiten dar. Das ist aber noch nicht das Ende der Fahnenstange: Um das volle Potenzial der Automatisierung ausschöpfen zu können, werden intelligente, zukunftsfähige KI-Lösungen benötigt.
Die Entwicklungsstufen von Robotic Process Automation über Cognitive Automation, Digital Assistants bis hin zu Autonomous Agents schließen sich gegenseitig nicht aus. Vollständig integrierte Prozessautomatisierungen sind vielmehr eine Symbiose aus allen vier Bereichen der Automatisierung. Innovative Automatisierungskonzepte berücksichtigen sämtliche Maßnahmen, Prozesse und Strukturen des 4-Stufen-Modells und lassen sich entsprechend der individuellen Anforderungen des Unternehmens anpassen. Bei der Wahl des Automatisierungspartners ist es also entscheidend einen Anbieter zu wählen, der alle Möglichkeiten und Perspektiven der Automatisierung im Rechnungswesen im Blick hat. Und geeignete Lösungen für alle Stufen des Modells entwickelt.